Stützpunkttraining mit Gerhard Scheuriker, 5. Dan KSKA in Jockgrim am 6. Februar 2010

Zum ersten Stützpunkttraining im neuen Jahr versammelten sich am 6. Februar zehn Karatekas in Jockgrim, um bei Sensei Gerhard Scheuriker wieder etwas Neues zu lernen. Nach einer gut dreißigminütigen theoretischen Einführung, die Gerhard dank drei zu spät kommenden beziehungsweise vor der falschen Hallentür wartenden Karatekas zweimal halten durfte, fing der praktische Teil an.

Gerhards erstes Schwerpunktthema waren die Einsatzmöglichkeiten und Wirkungsweisen verschiedener Techniken. Er definierte "Technik" als das Bewegen eines bestimmten Körperteils zu einem festgelegten Ziel mit einer klar definierten Absicht: Bei einem Zuki wäre das die Faust, die auf einer geraden Linie Richtung Solar Plexus des Gegners geführt wird, mit der Intention ihm Schmerzen zuzufügen. Der Wirkungsgrad jeder Technik hängt davon ab, dass das schlagende Körperteil möglichst gut auf die anvisierte Körperstelle passt, außerdem muss die Absicht berücksichtigt werden, denn zwischen Schmerzen zufügen und Zerstören liegt doch ein kleiner Unterschied.

Im anschließenden Partnertraining konnte jeder dann in aller Ruhe ausprobieren, welche Körperteile wo wie gut eingesetzt werden können. So entsteht ein Vertrauen in die jeweilige Technik, zum Beispiel wenn der Übende merkt, dass sein Shuto trotz großem Kraftaufwand seinerseits am Bauch des Partners wenig Eindruck hinterlässt, aber am Hals mit sehr viel weniger Krafteinsatz schnell Reaktionen hervorruft, ohne der eigenen Hand auch nur im Geringsten weh zu tun. Sicherlich war der ein oder andere überrascht, welchen Effekt so manche Technik an einem guten gewählten Ziel hatte, die vorher vielleicht als eher schwache Technik betrachtet worden war.

Der zweite Themenschwerpunkt von Gerhard war das neutrale Schlagen beziehungsweise das neutrale Ausführen einer beliebigen Technik. Bei einem neutralen Angriff mit einem Zuki wird die Technik ganz normal ausgeführt, die Neutralität besteht darin, nicht die Schulter nach vorne zu nehmen um die Technik zu verlängern, wenn der Partner zurückweicht oder auch, den Druck eines Blocks vom Partner passiv aufzunehmen und nicht dagegen zu halten. Der Vorteil dieser Neutralität ist, dass die eigene Technik immer stabil ist, egal was der Partner macht. Wenn der Angreifer von vornherein an den Block des Partners denkt und gegen die Blockrichtung drückt, der Partner jetzt aber plötzlich einen anderen Block aus einer gegensätzlichen Richtung ausführt, ist die Technik des Angreifers nicht mehr stabil und somit kaum effektiv.

Um den neutralen Angriff zu üben, hatte im anschließenden Partnertraining der Angreifer nur die Aufgabe, seine Technik neutral auszuführen, während der Verteidiger entweder gar nicht, mit verschiedenen Blocks oder mit zurückweichen reagieren konnte. So bemerkte der Angreifer schnell, ob seine Technik wirklich neutral ausgeführt war. Gerhard verschärfte die Übung später dadurch, dass der Angreifer mit geschlossenen Augen angreifen sollte.

Nach einer kurzen Pause, die hauptsächlich mit dem Vernichten eines freundlich gestifteten Kuchens verbracht wurde, ging es mit dem nächsten Thema weiter, dem Blocken. Gerhard stellte drei Prinzipien vor, die unterschiedliche Intentionen des Verteidigers als Basis hatten: Beim "Ato-baya Block" will der Verteidiger den Angreifer mit einer Brachialtechnik aus der Balance bringen, also zerstören.

Beim "Trampolin Block" blockt der Verteidiger den Angriff weit genug, um sich zu schützen, geht dann aber direkt in einen Gegenangriff über und nutzt dabei die Energie des Gegners, daher "Trampolin". Das Ziel ist hier, dem Angreifer Schmerzen zuzufügen.

Beim "Umleiten" wird weich geblockt beziehungsweise der Angriff des Gegners so geführt, dass er sein Ziel nicht trifft. Die Hauptintention ist hierbei die reine Verteidigung.

Gemeinsam mit einem Partner konnten nun diese drei Prinzipien geübt werden. Später konnte der Angreifer zwischen einer starken und einer weichen Angriffsausführung wählen, so dass der Verteidiger testen konnte, welches Prinzip wie gut funktionierte, wenn der Angriff hart oder weich kam. Gerhard korrigierte wie immer jeden individuell und gab hilfreiche Tipps.

Zum Abschluss des Stützpunkttrainings ging es um das Erstellen von Kata Bunkai. Gerhard nannte vier Punkte als Eckpfeiler, mit denen dann jeder eine kurze Sequenz einer beliebigen Kata üben und dann vorführen sollte. Diese vier Eckpfeiler waren erstens die realistische Chance des Angreifers, tatsächlich treffen zu können. Zweitens müssen sich sowohl Angreifer als auch Verteidiger natürlich verhalten. Der Angreifer kann die Gegenangriffe des Verteidigers nicht ignorieren und so tun, als wäre er schmerzunempfindlich. Der Verteidiger wird sich, wenn er sich bedroht fühlt, nicht mit einem Block zufrieden geben sondern die Situation durch Gegenangriffe, Hebel oder Würfe klären wollen. Der dritte Punkt, so Gerhard, sei genau dieses Klären der Situation. Eine Anwendung ist erst dann beendet, wenn die Gefahr beseitigt ist, wozu meistens ein einziger Gegenangriff nicht reicht.

Als letzten Punkt nannte Gerhard das situationsgerechte Handeln, also das Einstellen auf den Partner. Einen Wurf anzusetzen bei einem Partner, der viel zu schwer ist, um vom Verteidiger wirklich geworfen werden zu können, ist natürlich nicht sehr sinnvoll.

Im Partnertraining konnte dann jeder eine kleine Anwendung nach diesen Punkten erarbeiten.

Am Ende gab es wie immer ein kurzes Feedback der Teilnehmer für Gerhard, das deutlich machte, dass jeder wieder etwas gelernt und Spaß gehabt hatte.


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