Lehrgang mit Pascal Petrella (5. Dan) und Dave Wilkins (5. Dan) auf Teneriffa

Am 31.03.-02.04.07 fanden sich ca. 20 Karatekas aus England, Schottland und Deutschland zu einem sehr familiären Lehrgang in Playas del las Americas, Teneriffa ein. Trainiert wurde im Blue Dragon Karate Dojo von Tim Smith (3. Dan). Tim ist ein Schüler von Dave Wilkins und gründete das Blue Dragon Karate Dojo auf Teneriffa.

Dave Wilkins, Tim Smith und Pascal Petrella

Erster Tag

Die erste Trainingseinheit am Samstag wurde von Pascal Petrella gehalten. Er knüpfte mit seinem Trainingsinhalt über die Verwurzelung der Positionen und der Atmung sowie der anschließenden Umsetzung im Kihon an sein Training auf dem SRKHIA-Gasshuku in Lilleshall und dem KSK-Prüferlehrgang in Müllheim an.

Pascal begann sein Training mit der korrekten Anspannung der Muskulatur in der Position des Zenkutsu-Dachi und Fudo-Dachi. Durch eine leichte Außenrotation bei der Anspannung der Beinmuskulatur erfolgt eine spiralförmige Kontraktion dieser Muskulatur, wodurch der Stand sehr stabil wird. Dadurch entsteht eine Verwurzelung mit dem Boden, von der Kase Sensei in seinen Trainingseinheiten immer gesprochen hatte. Diese "Verwurzelung" erlaubt uns die Ausführungen sehr starker Block- Konter- und Angriffstechniken. Pascal verwies hier auch auf die in der Natur vorkommenden spiralförmigen Bewegungen wie z. B. bei Wirbelstürmen, Strudeln etc, welche durch die Drehbewegungen ein sehr hohes Energieniveau bekommen.

Auch die Kontraktion der Beinmuskulatur erfolgt spiralförmig, wodurch eine sehr hohe Stabilität erreicht wird. Selbst die Knochen sind in sich verdreht, insbesondere auch der Oberschenkelknochen, der durch seine "Verdrehtheit" eine sehr hohe Stabilität erhält. Die richtige Haltung der Beine und der Hüfte erlauben es uns, dass wir diese spiralförmige Kraft bei der Muskelkontraktion besser nutzen können

Pascal ließ uns im Anschluss an seine Erklärung jeweils am Partner an Hand von Zenkutsu- und Fudo-Dachi üben. Hierbei sollten wir dann einmal mit nach innen bzw. mit nach außen gedrückten Knien die Muskulatur anspannen. Hierbei konnten wir am eigenen Leib erfahren, welche Position eindeutig die stärkere ist.

Von der spiralförmigen Muskelkontraktion der Beine und der Hüfte leitete Pascal nun über zu seinem zweiten Schwerpunktthema, der korrekten Atmung.

Pascal demonstriert am Partner die Stabilisierung durch entsprechende Kontraktion der Muskulatur

Die korrekte Atmung, so Pascal, erlaube uns die Ausführung einer schnellen, starken und lockeren Technik. Jedoch atmen viele Karatekas falsch und spannen beim Ausatmen die Bauchmuskulatur nicht oder einfach nur zu langsam an, wodurch keine explosive Technik ausgeführt werden kann.

Wie schwer das korrekte Atmen ist, ließ Pascal uns dann am eigenen Leib spüren. In Partnerübungen trainierten wir dann die schnelle Kontraktion der Bauchmuskulatur sowohl beim Einatmen als auch beim Ausatmen. Für viele war es eine vollkommen neue Erfahrung, die Muskulatur beim Einatmen anzuspannen. Diese Anspannungsübungen führten dann auch bei dem einen oder anderen Teilnehmer zu Muskelkater in der Bauchmuskulatur.

Sehr anstrengend war auch das Vorgleiten aus Shizentai in Zenkutsu-Dachi mit Oi-Zuki. Pascal unterteilte diese Übung in drei Schritte: Einatmen in der Position Shizen-Tai, halber Schritt vor, dabei die Atmung halten und dann explosionsartig mit Kiai den Oi-Zuki ausführen. Hier das richtige Gefühl für das richtige Timing in Verbindung mit der Atmung zu entwickeln, entpuppte sich als wirklich sehr schwierige Übung.

Einatmen

Vorwärts gleiten

Oi-Zuki ausführen

Pascal demonstriert seine zuvor geschilderte Übung vom Einatmen bis zur Ausführung des Zukis. Nach dieser Trainingseinheit war jedem Teilnehmer klar, wie wichtig sowohl eine gute Position als auch die richtige Atmung für Karate-Techniken ist.

Nach einer kurzen Pause begann die zweite Trainingseinheit unter Dave Wilkins. Er legte seinen Schwerpunkt während seiner ersten beiden Einheiten auf die korrekte Ausführung die für den Kase-Stil typischen Technik Gyaku-Uraken-Uchi. Dazu begann er in seiner ersten Einheit mit der Kata Hachi Hoi Uraken Uchi, was übersetzt bedeutet: "Acht Wege, eine Uraken zu machen".

Dave erarbeitete mit uns die Kata sequenziell mit vielen Wiederholungen und übte dann die einzelnen Sequenzen in Anwendung mit Partner zum besseren Verständnis. Als besonderes Highlight dieser Kata ist hier der Kaiten-Uraken zu nennen, wobei hier mit dem vorderen Bein eine Drehung um 360° Grad gemacht wird, an deren Ende ein Uraken-Uchi gemacht wird. Es war eine unserer "leichtesten" Übungen, gerade auch mit Partner.

Dave legte bei den Partnerübungen immer wieder sehr viel Wert auf die korrekte Ausführung der Uraken -Techniken, wobei die Distanz mitunter das größte Problem bei der Anwendung war.

Dieser Uraken ist deutlich zu nah

während dieser Uraken auf Grund der Beinposition
deutlich zu weit weg von seinem Ziel ist

Dave Wilkins demonstriert hier die korrekte Ausführung des Kaiten Uraken Uchi:

Block des gegnerischen Oi-Zukis

Vorderes Bein drehen

Ziel anvisieren

Uraken ausführen

Zweiter Tag

In der ersten Einheit des zweiten Trainingstages stand bei Pascal zunächst die Ausführung einer sehr korrekten Kihon Technik auf dem Programm. Er wies uns auf grundlegende Fehler hin, die es zu verbessern galt. So zum Beispiel das so genannte "Telefonieren", wenn zuerst der vordere Fuß nach außen bewegt wird, bevor eine Vorwärtsbewegung gemacht wird. Das andere war die von Pascal genannte "Hau-Ruck"-Bewegung, wobei hier zuerst das hintere Bein gebeugt wird, bevor eine Technik ausgeführt wird. Auch das Hochziehen der Ferse am hinteren Fuß beim Rückwärtsgehen sprach Pascal an.

Als aktive Trainer in unseren Dojos wies er uns daraufhin, das wir darauf achten sollen, dass diese Fehler sowohl bei uns als auch bei unseren Schülern nicht mehr vorkommen. Pascal zeigte uns dann auch Möglichkeiten, wie wir genau diese Fehler ausmerzen können. In einem sehr schweißtreibenden Training hatten wir schließlich ausreichend Möglichkeiten, diese Fehler zu verbessern.

Den zweiten Teil seines Trainings hatte er dem Kaeshi Ippon Kumite gewidmet. Auch hier wies er uns wieder auf typische Fehler hin, so z. B. auf das Heranziehen des hinteren Beins beim Zurückgehen während der Ausführung einer Blocktechnik. Dies kostet Zeit und als Verteidiger verliert man Distanz zum Gegner. Er sprach auch an, dass derjenige, welcher den ersten Angriff führt, einen sehr starken Druck bei seinem Angriff aufbauen muss, um dem Verteidiger eine sehr schlechte Ausgangsposition für den nun folgenden Angriff zu geben. Durch den starken Angriffsdruck bekommt der Angreifer genügend Zeit, um den folgenden Gegenangriff des Verteidigers zu blocken und entsprechend sicher zu kontern. Fehlt der Druck beim ersten Angriff, so kann der Verteidiger viel schneller reagieren und seinerseits zu einem starken Konterangriff ansetzen.

Auch hier gab Pascal uns wieder ausreichend Gelegenheit, unser Kaeshi Ippon Kumite mit vielen Partnern zu üben, wobei wir wieder richtig heftig ins Schwitzen kamen und auch hier wieder feststellen mussten, dass niemand vor Fehlern gefeit ist und jeder von uns hart an sich arbeiten muss, um eben genau diese Fehler nicht mehr zu machen.

Das zweite Training übernahm wieder Dave. Er knüpfte an die Hachi-Hoi-Uraken-Uchi Kata vom Vortag an und vervollständigte sie, wobei auch hier wieder anstrengende Partnerübungen dazu gehörten.

Erneut ließ er uns den Gyaku-Uraken am Partner üben, diesmal aber auch als Folgetechnik als Teil einer Block-/Konterkombination. Die Schwierigkeit bestand auch hier wiederum beim richtigen Timing und der Distanz für den Gyaku-Uraken, um ihn mit der richtigen Dynamik und dem richtigen Kime ausführen zu können. Ab und an machte sich bei dem ein oder anderen Karateka etwas Verzweiflung breit, da nicht immer alles auf Anhieb so richtig klappen wollte. Nach einiger Zeit jedoch gelang es jedoch immer besser, da sich auch Dave immer sehr viel Zeit nahm uns zu korrigieren.

Dave demonstriert die Anwendung des Gyaku Uraken als zweite Kontertechnik auf der Innenseite des Gegners 

Hier die Ausführung des Gyaku-Uraken nach Block Soto-Uke auf de Außenseite des Gegners:

Dritter Tag

Am dritten und letzen Tag des Lehrgang ließ es Pascal in seiner Einheit noch mal so richtig krachen. Er begann mit einem "einfachen" Kihon-Programm: Oi-Zuki, Age-Uke, Mae-Geri und Soto-Uke und ließ uns diese Kihon-Techniken immer wieder hoch und runter laufen. Dieses Kihontraining puschte uns alle mental sehr stark auf und wir waren dann richtig heiß auf das nun kommende Kihon-Ippon-Kumite.

Pascal erklärte auch hier wieder, wie wichtig es ist, die Technik sehr korrekt auszuführen, da sie ansonsten absolut unwirksam ist. Er zeigte uns dies anhand der Techniken Age-Uke und Soto-Uke.

Die korrekte Position des Unterarms bei der Blocktechnik Soto-Uke

Wie feinfühlig dies sein kann, zeigte uns Pascal mit Dave als Partner. Dave schließt die Augen und gibt dann Kime, wenn er den Arm von Pascal spürt. Dies ist eine gute Methode um Attobaya zu üben:

Wie leicht Age-Uke ausgeführt werden kann, demonstriert Pascal hier, indem er seinen blockenden Arm einfach locker nach oben führt:

Hier zeigt uns Pascal die korrekte Ausführung des Shuto-Uke gegen Gyaku-Zuki:

Im Kihon-Ippon-Kumite legte Pascal dann sehr viel Wert auf eine gute und starke mentale Einstellung, genau wie am Vortag beim Kaeshi-Ippon-Kumite. Die richtige mentale Einstellung beim Angriff, so Pascal, erlaubt uns, unseren Gegner unter Druck setzen zu können und ihm dadurch die Möglichkeit eines starken Blocks und eines starken Konters zu nehmen. Wie bereits zuvor übten wir auch diese Kumite-Form mit ständig neuen Partnern und immer stärkeren Angriffen.

Nach dieser körperlich und mental doch sehr anstrengenden Einheit nahm Dave uns in der letzten Einheit dieses Lehrgangs noch einmal gehörig in die Mangel. Er begann sein Training mit vier einfach wirkenden, jedoch sehr anstrengenden Kihon-Kombinationen, die von uns allen komplett alles abverlangten. Danach wurde es etwas ruhiger. Dave lehrte uns zum Abschluss des Lehrgangs die Kata Tekki Nidan mit einem sehr guten Bunkai, welches in der 45° Grad Bewegung ausgeführt wird. Nach einigen anfänglichen Ablaufschwierigkeiten bei den unteren Kyu-Graden gelang es auch ihnen, die Kata zu laufen. Das Bunkai in der 45° Grad Diagonalen entstammt aus der Naihanchi-Nidan-Version, die der verstorbene Steve Cattle lehrte.

Dave zeigt hier die in allen drei Tekki-Katas vorkommenden Block-Konter-Kombination Uchi-Uke/Zuki-Uke, Soto-Uke/Ura-Zuki. Dave meinte hierzu, dass diese Sequenz wohl sehr wichtig sein muss, da sie in allen drei Katas eingebaut ist:

Zum Abschluss des Lehrgangs richteten sowohl Dave als auch Pascal noch ein paar Worte an die Teilnehmer, worin beide ihre Zufriedenheit über die Einstellung der Aktiven zum Training äußerten.

Natürlich wurde nicht nur hart trainiert sondern auch nach dem Training zusammen gegessen.

Hier sitzen wir alle zusammen beim Japaner

Anschließend dann noch nett zusammen in der Cocktailbar

und hier dann auf einige wohl schmeckende und
wohlverdiente Guinness-Bierchen im Irish Pub,
in dem wir uns öfters zu einem kleinen Umtrunk trafen

Ich für meinen Teil kann sagen, dass mir der Lehrgang mit seiner sehr familiären Atmosphäre wirklich sehr viel Spaß gemacht hat. Die Trainingseinheiten forderten immer von jedem von uns alles ab, keiner wollte sich jedoch die Blöße geben und schlapp machen. Immer wieder gelang es uns, uns gegenseitig zu motivieren und aufzupuschen. Es gab auch wirklich gute Gelegenheiten für gute Gespräche und Fachsimpeleien. Der Spaß kam definitiv nie zu kurz. Jeder von uns fühlte sich auch entsprechend sehr wohl.


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